Das Antiblockiersystem verhindert, dass die Räder bei einer Vollbremsung blockieren und der Fahrer so die Kontrolle über das Fahrzeug verliert. Das gelingt mit dem wiederholten Absenken und Anheben des Bremsdrucks.
Wenn die Räder bei einer Vollbremsung blockieren, ist die Lenkfähigkeit nicht mehr gegeben und das Fahrzeug kann in einen unkontrollierbaren Zustand geraten. Die Aufgabe des Antiblockiersystems (ABS) – in der StVZO auch „Automatischer Blockierverhinderer“ (ABV) genannt - ist es, das dauerhafte Blockieren der Räder zu verhindern und den Bremsvorgang zu stabilisieren. Das gelingt mit wiederholtem und intelligentem Absenken und Anheben des Bremsdrucks, der sogenannten „Druckmodulation“.
Sobald der Fahrer kräftig auf das Bremspedal tritt, kommt der Reifen zunächst aus der normalen Abrollbewegung in den sogenannten „Bremsschlupfbereich“. Die Folge: Der Abrollumfang des Rades ist geringer als die Strecke, die das Fahrzeug zurücklegt. Wird das Bremspedal noch kräftiger durchgetreten, blockiert das Rad und man spricht von einem 100-prozentigen Bremsschlupf.
Die optimale Bremsverzögerung wird mit modernen Reifen und auf „Standardfahrbahnbelägen“ bei einem Bremsschlupf von etwa acht bis 25 Prozent erreicht. Selbst ein geübter Fahrer kann diesen engen, optimalen Bereich nur schwer erreichen. In einer Extremsituation ist das kaum möglich. In einer solchen Situation greift das intelligente ABS. Dieses regelt die Bremskraft so, dass der Schlupf an jedem Rad innerhalb des optimalen Bereiches bleibt und gleichzeitig einzelne Räder nicht blockieren.
Es gibt unterschiedliche Antiblockiersysteme, die jeweils anders funktionieren.
Drei-Kanal Antiblockiersystem
In der Vergangenheit kamen meist Drei-Kanal Antiblockiersysteme zum Einsatz. Bei diesen werden die Vorderräder individuell und die Hinterräder gemeinsam angesteuert.
Vier-Kanal Antiblockiersystem
In neueren Fahrzeugen kommen meistens nur noch Vier-Kanal Antiblockiersysteme zum Einsatz. Diese ermöglichen es, dass jedes Rad individuell angesteuert werden kann und funktioniert folgendermaßen: Jedes Rad verfügt über einen Raddrehzahlsensor. Durch diesen kennt das elektronische Steuergerät jederzeit die aktuelle Drehzahl aller Räder. Wird beim Bremsen ein Rad stärker verzögert als die anderen, überschreitet dieses den Zielschlupfbereich. Der Bremsdruck des Rades wird dann gehalten oder abgesenkt. Das passiert jedoch nur oberhalb einer Mindestgeschwindigkeit von sechs km/h. Solange der Fahrer den Fuß auf dem Bremspedal hat, werden die Geschwindigkeit des Fahrzeuges und die individuelle Radgeschwindigkeit permanent abgeglichen. Das führt dazu, dass auch der Bremsdruck kontinuierlich moduliert wird.
Das Antiblockiersystem besteht aus folgenden Komponenten:
Raddrehzahlsensoren
Sie haben die Aufgabe, die aktuelle Raddrehzahl zu ermitteln und in Form eines elektrischen Signals an das elektronische Steuergerät zu melden.
ABS-Steuergerät „HECU“
Das ABS-Steuergerät („HECU“) hat die Aufgabe, die von den Raddrehzahlsensoren ermittelten Signale zu verwerten. Auf Basis dieser Daten regelt das ABS-Steuergerät die Bremskraft für jedes einzelne Rad. Das ABS-Steuergerät besteht aus der Hydraulikeinheit („HCU“: Hydraulikblock mit Ventil, integrierter Pumpe mit Elektromotor, Niederdruckspeicher) und der Elektronikeinheit („ECU“: Spulenträger mit elektronischem Steuergerät).
Radbremse
Die Radbremse setzt die Bremswirkung an den einzeln angesteuerten Rädern um.
Bei einer Vollbremsung ohne Antiblockiersystem bilden sich an den Reifenlaufflächen Bremsplatten. Diese führen zu einem unrunden Lauf und der Reifen muss erneuert werden. Dank Antiblockiersystem können sich bei einer Vollbremsung keine Bremsplatten mehr bilden. Das Antiblockiersystem senkt somit den Reifenverschleiß und die Reifen können länger gefahren werden. Das Antiblockiersystem gehört mittlerweile zum Sicherheitsstandard. Gebrauchtwagen ohne ABS, ausgenommen Young- oder Oldtimer, sind heute Exoten und lassen sich in Europa schwer verkaufen.
Obwohl das Antiblockiersystem nur rund zwei Prozent aller Bremsungen unterstützt, ist es aus modernen Fahrzeugen nicht mehr wegzudenken. Dieses Hilfssystem sorgt für ein stabiles Fahrverhalten und stellt die Lenkfähigkeit des Fahrzeuges in extremen Situationen sicher. So hat es eine hohe Auswirkung auf die Sicherheit im Straßenverkehr und hat in den letzten Jahren einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, dass die Zahl der im Straßenverkehr verunglückten Personen zurück gegangen ist.
Sollten die elektrischen Funktionen des ABS ausfallen, muss die normale Bremse auch weiterhin uneingeschränkt funktionieren – das ist gesetzlich vorgeschrieben.
Das Antiblockiersystem sorgt mit folgenden Funktionen für mehr Sicherheit:
Bei einer Vollbremsung wird das Blockieren der Hinterachsräder vermieden. Dadurch kann beispielsweise ein unkontrolliertes Schleudern verhindert werden, das durch den Verlust der Seitenführungskräfte auftreten kann. Das Antiblockiersystem nutzt den physikalischen Grenzbereich optimal aus. Allerdings verhindert das ABS nicht das Ausbrechen bei überhöhter Geschwindigkeit.
Das ABS erhöht die Spurtreue – auch in Kurven. Zudem erhält es die Lenkfähigkeit bei einer Vollbremsung, so dass Hindernisse umfahren werden können.
Insbesondere auf nasser Fahrbahn wird der Bremsweg verkürzt.
In neuen Fahrzeugen wird die Bremskraft an jedem Rad individuell geregelt. Insbesondere auf unterschiedlich griffiger Fahrbahn bringt das Vorteile mit sich. Das sogenannte „Giermoment“, das Drehen des Fahrzeugs um die eigene Hochachse, wird abgeschwächt und damit auch die Schleuderneigung.