Sie ist nach wie vor in aller Munde - die Rettungsgasse. Zu Recht: Der von den Verkehrsteilnehmern zu schaffende freie Fahrweg für Rettungskräfte bei einem Stau kann bei schweren Unfällen lebensrettend sein. Je schneller die Rettungskräfte die Unfallstelle erreiche, desto größer sind die Überlebenschancen von lebensbedrohlich Verletzten. Welche gesetzlichen Vorschriften gibt es? Welche Strafen drohen bei Nichteinhaltung? Und wie verhält man sich richtig?
Und schon wieder Stau - Sie kennen es zur Genüge: Der Verkehr stockt, vor einem tut sich ein Meer aus Blech auf; die Ursache dafür ist nicht klar, man entscheidet sich spontan und je nach Laune entweder für Wut oder Resignation. Gänzlich entnervt kommt man dann zum völligen Stillstand.
Neben den üblichen Gedanken, die sich dann breit machen - meistens dreht es sich um den geschäftlichen Termin oder das Abendessen mit der Familie, zu dem man zu spät kommt - sollten im Stau stehende Autofahrer noch eine ganz andere Sache im Kopf haben: Es ist immer, unverzüglich und ohne Aufforderung eine Rettungsgasse zu bilden. Das Nichteinhaltung dieses obersten Gebots Verkehrsstaus jeglicher Art kostet im Zweifelsfall Menschenleben. Das jüngste Negativbeispiel: Bei einem schweren Autounfall Anfang Februar diesen Jahres auf der A3 bei Königswinter konnte ein Verletzter erst nach Stunden versorgt werden - durch das Nichtvorhandensein einer Rettungsgasse mussten die Einsatzkräfte einen halben Kilometer mit ihrer Ausrüstung im Schlepptau zu Fuß über die Autobahn zur Unfallstelle laufen. Das ist kein Einzelfall. Aus einer aktuellen Umfrage des Deutschen Roten Kreuzes, an welcher sich 96 Rettungsteams aus verschiedenen Bundesländern beteiligt haben, geht hervor, dass in 80 Prozent aller Fälle, die es erfordern, dass Kraftfahrer eine Rettungsgasse bilden, Helfer wertvolle Zeit verlieren, weil die Rettungsgasse blockiert wird oder von vornherein nicht existent ist. (Quelle: drk.de)
Bereits seit Inkrafttreten der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) am 1. März 1971 ist die Rettungsgasse oder „freie Gasse“ gesetzlich festgelegt: „Stockt der Verkehr auf Autobahnen oder Kraftfahrstraßen, so müssen die Fahrzeuge für die Durchfahrt von Polizei- und Hilfsfahrzeugen in der Mitte der Fahrbahn eine freie Gasse bilden.“ Dies galt anfangs nur auf Autobahnen und Kraftfahrstraßen. Seit Dezember 2016 ist die Rettungsgasse ist in § 11 Abs. 2 StVO folgendermaßen vorgeschrieben: „Sobald Fahrzeuge auf Autobahnen sowie auf Außerortsstraßen mit mindestens zwei Fahrstreifen für eine Richtung mit Schrittgeschwindigkeit fahren oder sich die Fahrzeuge im Stillstand befinden, müssen diese Fahrzeuge für die Durchfahrt von Polizei- und Hilfsfahrzeugen zwischen dem äußersten linken und dem unmittelbar rechts daneben liegenden Fahrstreifen für eine Richtung eine freie Gasse bilden.“ Bei Nichteinhaltung dieser Vorschrift müssen Kraftfahrer mit bis zu 320 Euro Strafe rechnen. Dazu kommen in jedem Fall zwei Punkte in Flensburg und gegebenenfalls ein Monat Fahrverbot. Im Ausland fallen die Bußgelder deutlich höher aus: In Österreich beispielsweise ist mit einer Strafe von bis zu 726 Euro zu rechnen; bei Behinderung von Einsatzfahrzeugen kann die Geldstrafe dort sogar bis zu 2180 Euro betragen.
Der oben zitierte Artikel impliziert es bereits: schon bei den ersten Anzeichen von Stau, das heißt, bereits bei stockendem Verkehr muss die Bildung einer Rettungsgasse initiiert werden. - nicht erst bei Blaulicht im Rückspiegel. Auf Autobahnen und mit mehreren Fahrstreifen je Richtung gilt: Wenn sie auf dem linken Fahrstreifen unterwegs sind, weichen Sie nach links hin aus. Befahren Sie einen anderen Fahrstreifen als den linken, fahren Sie nach rechts. Die so zustande gekommene freie Spur ist so lange freizuhalten, bis sich der Stau wieder auflöst. Die Gasse auf eigene Faust für freie Fahrt nach vorn zu nutzen ist selbstverständlich nicht gestattet, auch wenn es manchmal zu schön wäre. In der praktischen Umsetzung des Gesetzen scheitert es nicht nur an dem Desinteresse ignoranter Verkehrsteilnehmer. Zu dicht auffahrende LKWs haben Schwierigkeiten damit, nach rechts bzw. links auszuscheren. Ausländische LKW-Fahrer wissen häufig nicht, was los ist, wenn die anderen Anstalten machen, auszuscheren und bleiben beharrlich stehen. Hier ist es mit einer schriftlichen Forderung nicht getan - es fehlt nach wie vor an der nötigen Aufklärung.